Entstehung Poppenhausens

Aus der Vorgeschichte

Vor sesshaften Dorfansiedlungen war die Gegend um Heldburg, so also auch der Gebiete um Hellingen, Poppenhausen und Käßlitz, schwach besiedelt. Das belegen Funde aus dieser Zeit. In der jüngsten Eisenzeit erfolgte eine dichtere Besiedlung. Auf dem Mühlberg an der Volkmannshäuser Mühle in der Hellinger Waldung lagen und liegen zum Teil 54 Hügelgräber aus der La Tène-Zeit (5. - 1. Jahrhundert v. Chr.). Keines der Gräber ist jedoch bisher methodisch-wissenschaftlich untersucht bzw. geöffnet worden. Man stieß im Jahre 1850 auf sie, als Sandsteine für den Bau der Straße Hellingen- Poppenhausen herausgebrochen wurden. Den Funden nach waren die ältesten Bewohner Illyrier. Während der Wanderzeit der Germanen lebten viele Stämme, so die Sulben, Chatten und Cherusker in unserem Gebiet. Um 500 unserer Zeitrechnung wurde das große Königreich Thüringen vom Harz bis zur Donau reichend durch die Franken und Sachsen vernichtet. Die Franken eigneten sich weite Teile Thüringens an, so auch unser Gebiet. Unter der Herrschaft der Franken entstanden erste Dorfansiedlungen. Wann Poppenhausen entstand, ist nicht eindeutig festlegbar. Die erste Urkunde, in der unser Ort erwähnt ist, stammt aus dem Jahre 1340. Poppenhausen war zu dieser Zeit an die Herren von Hohenstein verpfändet. Aus diesem Grunde nimmt man das Jahr 1340 als das Gründungsjahr „Boppenhusens“ an, obwohl der Ort annehmbar älter ist. Später wurde „Boppenhusen“ in „Poppenhausen“ umbenannt.

Geschichtliche Höhepunkte bis 1980

Der „Große Deutsche Bauernkrieg“ – Anfang bewegter Zeiten

Die großen Aprilstürme der Jahre 1524/25 erfassten auch unsere Gegend. Thüringen und Franken waren neben Schwaben und Sachsen Hauptgebiete des Aufstandes. Viele kleine Städte schlossen sich den Aufständen der Bauern an. Unser Raum zählte derzeit zu den am meisten unterdrückten Gebieten. Daher kam es auch zu besonders heftigen Aufständen in der Thüringer Gegend. Während dieser Zeit entstand die „Landwehr“, ein schützender Erdwall mit einem tiefen, wasserführenden Graben, der zum Zwecke der Verteidigung diente. Auch heute ist uns die „Landwehr“ in Resten noch erhalten. Sie verlief von der Käßlitzer und Poppenhäuser Flur bis nach Gleismuthausen und Hellingen, weiter dann nach Dürrenried und Ummerstadt. Poppenhausen hatte schon 1516 einen eigenen Pfarrer. 1528 nahm es unter Pfarrer Müller die Reformation an und erhielt 1599 einen eigenen Schulmeister.

Der dreißigjährige Krieg und seine Folgen

Während der Zeit des dreißigjährigen Krieges befand sich die Pflege Coburg, zu der die zehn Städte Rodach, Eisfeld, Ummerstadt, Neustadt, Schalkau, Heldburg, Hildburghausen, Coburg, Sonneberg und Römhild sowie deren Ämter gehörten, in einer schwierigen Lage. Das Land hielt treu zum protestantischen Glauben, grenzt im Norden an Territorien mit gleichem religiösen Bekenntnis, jedoch im Süden katholisch-ligistische Gebiete der Bistümer Würzburg und Bamberg. Die zentrale Lage der Pflege im Kreuzungspunkt der nordsüdlichen und ostwestlichen Heeresstraßen wirkte sich negativ auf das Gebiet aus. Auch Poppenhausen, das zum Amt Heldburg zählte, hatte unter den ständigen Truppendurchzügen des Krieges zu leiden. Im Jahre 1623 durchquerten kaiserliche Truppen von Böhmen her unser Gebiet. Dies war der Auftakt mehrerer Durchzüge ab 1625. Herzog Johann Casimir, Herrscher über die Coburger Pflege, verhielt sich sehr zurückhaltend und das Land Coburg galt stets als neutral. Johann Casimir sah den Vorgängen in seiner Pflege mit Besorgnis entgegen, mischte sich jedoch nicht in die kriegerischen Angelegenheiten ein. So konnte Wallenstein ungehindert einziehen und am 27. Juli 1625 quartierten sich Pechmansche Reitertruppen der Oberisten De Bours und La Mottes in der Pflege ein. Es wurde geplündert und geraubt. Die Bevölkerung litt unter der Belagerung. Am 24. August verließen die Truppen die Pflege und hinterließen verwüstete Ortschaften.
1626 wurde das Land von der Pest heimgesucht. Dabei sank die Bevölkerung um ein Fünftel. Daraufhin wandte sich Herzog Johann Casimir an den Kaiser persönlich. Die Pflege brauchte in den Jahren 1627 und 1628 nur zwei Kompanien aufzunehmen, doch danach erfolgten weitere Einmärsche. Die Orte des Amtes Heldburg hatten Proviant, Getreide und Futter für den Krieg zu stellen, sowie berittene Patrollien für die Landwehr. Nachdem sich die Pflege Coburg 1629 wieder den kriegerischen Durchzügen beugen musste, kehrte Johann Casimir der Neutralität den Rücken. Er hatte erkannt, dass der Kampf des Kaisers gegen den evangelischen Glauben gerichtet war. Ab 1630 war die Pflege Coburg kein neutrales Land mehr. 1631 schloss sich Herzog Johann Casimir einem Bündnis mit dem Schwedenkönig Gustaf Adolf an. Daraufhin zogen schwedische Truppen im Oktober 1631 in der Pflege ein. In den Jahren 1632- 1635 diente das Gebiet als Kriegsschauplatz. Die Schweden verwüsteten das Land ebenso wie die kaiserlichen Truppen bereits getan hatten. 1636 durchzogen zwei Regimente Generalleutnant Gallas das Gebiet. Zu dieser Zeit lebten nur noch neun Seelen in Poppenhausen, auch in anderen Siedlungen der Heldburger Pflege sanken die Bevölkerungszahlen.
1637 marschierte dann der Kroatiengeneral Isolani ein. Verwüstung, Raub, Morde und Metzeleien nahmen gigantische Ausmaße an. 1638 quartierten sich Regimente der Alt- und Jungschleunitschen ein, Plünderungszüge kroatischer Regimente folgten. Um 1650 war das Amt Heldburg schwach besiedelt. Man hatte die Qualen des Krieges nicht mehr ertragen können. Viele Überlebende des Krieges wanderten aus der Coburger Pflege aus und siedelten um. Die Flur um Poppenhausen bestand derzeit aus 22 geschlossenen Frongütern, 4 Sölden und aus Grundstücken, die einzeln verkauft werden konnten. Den Landboden wertete man als ein Drittel gut, ein Drittel mittel und ein Drittel schlecht. Neben fast allen Getreidearten, so wurde auch damals schon gutes Obst im Neugereuth angebaut und geerntet. Wie Bücher berichten, gediehen auch Weinstöcke recht ansehnlich. 1777 sollen die Gemeinden Poppenhausen und Colberg ein wüster Hagelschlag betroffen haben, wodurch große Teile der Ernte vernichtet wurden. 1778 folgte eine Missernte, 1779 erfror das ganze Korn. Daraufhin sollen die Weinberge gänzlich eingegangen sein, nur hier und da findet man noch Spuren verwilderter Weinstöcke.

Die Gemeinde Poppenhausen in heutiger Zeit

Die Nachkriegszeit war reich an Entbehrungen. Die Grundnahrungsmittel und Bekleidungen waren durch Lebensmittelkarten und Bezugsscheine rationiert. Die Preise für Lebensmittel und Waren des täglichen Bedarfs:

Waren in 1kg Preis am ... (in Mark )

15.01.1948 25.05.1949 11.07.1949 01.07.1959
Weizenmehl 20 12 8 1,32
Zucker 33 24 15 1,50
Rindfleisch 70 50 45 9,80
Die erste Verkaufsstelle wurde in Poppenhausen 1948 eingerichtet. Ein privater Linienbus der Firma Göhring stellte damals die Verkehrsverbindung Hildburghausen - Käßlitz her. 1949 errichtete man die erste Staatsgrenze. Anfangs waren noch Tauschgeschäfte über die noch durchlässige Grenze möglich. Die alte Straße nach Käßlitz führte in Richtung Dürrenried durch bundesdeutsches Gebiet. Deshalb erfolgte 1950 der Bau einer neuen Straße. Eine einklassige Dorfschule befand sich bis 1950 im Ort. Kurzzeitig wurde auch in Käßlitz und seit 1952 in Hellingen unterrichtet. Bis 1950 wurde die gesamte Ortslage kanalisiert. Die Stationierung einer Grenzkompanie erfolgte von 1953 bis 1965. Die ehemaligen Unterkunftsbaracken dienen heute als Mehrzweckgebäude. Darin befindet sich das Wirtshaus, der Vereinsraum und der Kultursaal. In der Landwirtschaft setzen sich mit der Gründung der LPG „ Gute Hoffnung“ im April 1960 allmählich neue, industriemäßige Methoden durch. 1976 bauten die Poppenhäuser Bürger den Feuerlöschteich unterhalb des Wadenberges. Mit dem Anschluss an die zentrale Wasserleitung Schönbrunn im Jahre 1978 konnte eine sichere Versorgung mit Trinkwasser hergestellt werden. Gartenfreunde gründeten 1980 die Sparte „ Obst“. Diese Obstanlage umfasst etwa 500 Bäume und dient in erster Linie als Eigenversorgung. Durch Fleiß und vielseitige Initiativen haben die Bürger des Ortes annehmbare und moderne Wohnbedingungen geschaffen. Bei der Modernisierung und Fassadenneugestaltung blieb die Fachwerkbauweise größtenteils erhalten. Grünanlagen mit Bäumen und Sträuchern ergänzen das Ortsbild. Traditionen, wie das Bierbrauen oder das Backen im Backhaus, werden heute noch gepflegt.

Poppenhausen als eigene Gemeinde

Bis vor einigen Jahren war Poppenhausen eine selbstständige Gemeinde mit einem Bürgermeister. Damals war Gerhard Wolfschmidt Bürgermeister. Durch die Gemeindezusammenführung gehört das Dorf nun zur Gemeinde Hellingen mit den weiteren Gemeindeortsteilen Käßlitz und Rieth. Der Bürgermeister ist nun Norbert Wirsching. Jeder Ortsteil hat einen Ortsbürgermeister. In Poppenhausen ist dies Helmut Baum. Im Dorf gibt es bezüglich der Einwohnerzahl relativ viele Vereine. Dazu gehören der Feuerwehrverein, der Landfrauenverein und der Schnupferverein. Alle Vereine arbeiten eng zusammen, so dass im Dorf immer etwas los ist. Den Höhepunkt bilden in jedem Jahr die Kirmes und das Traktortreffen. Letzteres findet meist am ersten Juli-Wochenende statt. Außerdem ist am 1. Mai das Schnupferfest ( Backhausfest ). Poppenhausen hat heute etwa 110 Einwohner. Es gibt noch eine Fleischerei mit Schulküche. Betreiber hier ist Thomas Eckhardt. Die Imkerei betreiben zurzeit Fam. Oskar Leuthäuser, Fam. Gunther Langgut und Fam. Erwin Grund.

Volkskundliches aus Poppenhausen, Bräuche, Aberglaube und Bauernregeln

Der Taubenstein

Zu diesem Gedenkstein gibts es 2 bekannte Überlieferungen: 1. Unmittelbar am Kuhsee, am Fußweg von Hellingen nach Käßlitz, etwa 200 Meter nördlich der Landwehr, steht ein Stein. An dieser Stelle kamen der Überlieferung nach zwei Taubenhändler in Streit. Im Verlaufe des Streites blieb der eine an der Stelle des Steines tot liegen. Der andere schleppte sich bis zum Käßlitzer Kirchhof und brach dort tot zusammen. Über das genaue Alter des „ Taubensteines“ ist nichts bekannt. 2. In der Ortsflur von Poppenhausen am Kuhsee findet man einen alten Sühnestein. Wenn man ihn genau betrachtet, erkennt man zwei Vögel, die im oberen Teil eingemeißelt sind. Es sollen zwei Tauben sein, erzählte man mir... In Poppenhausen lebten einst zwei Brüder. Eines Morgens pflügten sie gemeinsam den Acker ihres Vaters. Redselig erzählte der jüngere, er habe im Wald ein Taubennest gefunden. Als er aber ein paar Tage später die fast flüggen Jungen holen wollte, war das Nest leer. Sein Bruder war ihm zuvorgekommen. Zornig stellte er ihn zur Rede. Zunächst spottete der ältere nur. Doch als ihn sein Bruder einen Dieb nannte, übermannte ihn der Zorn. Mit dem Pflugreuter schlug er auf seinen Bruder ein. Blutüberströmt stürzte der zu Boden und starb an diesem unglückseligen Ort. Zur Erinnerung an diese Tat richtete man an der Stelle, wo der Brudermord geschah, diesen Stein auf, - eine Warnung und Mahnung, aber auch als einen Ort stillen Gedenkens und der Besinnung. (mündlich aus Poppenhausen) (Witter, Eckhard – Fuhrmann Spörlein. Sagen aus dem Grabfeld und dem Fränkischen Hügelland. Hildburghausen, 1992, S. 51)

Die 12 Nächte

Vom 25.12. bis 6.1. waren die 12 Nächte. Das Wetter der 12 Nächte sollte maßgebend für das Wetter im ganzen Jahr sein. Wenn es zum Beispiel am 25. Dezember kalt war, dann sollte es demnach den ganzen Januar kalt werden. Was man in den 12 Nächten träumt, das sollte in Erfüllung gehen. Wenn es in den 12 Nächten reift oder wenn es Glatteis gibt, dann gibt es viel Obst im folgenden Jahr. In den 12 Nächten darf nicht gewaschen und gebacken werden. Das sollte Unglück bringen. Wer Wäsche aufhängt, hängt Häute auf, d.h. das Vieh verendet. Wer in dieser Zeit bäckt, der bäckt sein Leichenbrot oder hat im kommenden Jahr nichts zu essen. In den 12 Nächten darf man keine Erbsen essen, sonst bekommt man Beulen. Wer sich in den 12 Nächten auf den Tisch setzt, bekommt Beulen am Hintern. Der Aberglaube von den 12 Nächten ist heute so gut wie ausgestorben.

Die Lichtstube

Ältere Leute kennen die Lichtstube noch. Dort wurde gesponnen und gestrickt, aber auch gesungen und getanzt. Um 22 Uhr begab sich die Jugend auf den Heimweg. Es durfte nur dort eine Lichtstube sein, wo kein schulpflichtiges Kind im Hause war. Während der Weltkriege wurde in Poppenhausen noch viel gesponnen und auch heute gibt es noch Frauen im Dorf, die auf dem Spinnrad spinnen können.

Neujahrsbrauch

Um 18 oder 19 Uhr des 31.Dezember findet der Gottesdienst statt. Nach dem Mitternachtsleuten versammeln sich die Dorfbewohner auf dem Dorfplatz und singen das Lied „ Nun danket alle Gott“. Danach wünscht man sich Glück. Zum Jahreswechsel 1989/90 wurde nun mit dem Singen wieder begonnen, so eine alte Tradition erneut aufleben zu lassen. Bewohner, die zu Hause geblieben sind, schlagen das Gesangbuch auf und singen das Lied mit.

verfasst von Thomas Wolf